Alleiniges Sorgerecht beantragen

Alleiniges Sorgerecht beantragen. Wann ist das überhaupt möglich? Wer entscheidet darüber?

Wenn Sie das alleinige Sorgerecht für Ihr Kind beantragen möchten, helfen Ihnen folgende Erläuterungen von Fällen, in denen Familiengerichte eine Übertragung des Sorgrerechts auf einen Elternteil allein festgelegt haben.

Allem voran aber ist festzuhalten: Das alleinige Sorgerecht in Deutschland ist nach wie vor eine Besonderheit. Zwar wird darüber häufig diskutiert, aber grundsätzlich sieht der Gesetzgeber das gemeinsame Sorgerecht vor. Gemeinsame Entscheidungen treffen, im Sinne des Kindes – das soll damit sichergestellt werden.

Wenn Vater und Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes nicht verheiratet sind, hat grundsätzlich die Mutter das alleinige Sorgrecht. Im Vergleich zu früher, war es in dieser Konstellation für den Vater relativ aufwendig und auch kostenintensiv, das gemeinsame Sorgerecht für das Kind zu erhalten, wenn die Mutter nicht zustimmt. Hier hat sich die Rechtsprechung aber geändert. Väter haben heute, auch ohne verheiratet zu sein, das Recht auf gemeinsame Sorge für das Kind.

Alleiniges Sorgerecht beantragen:

Für das alleinige Sorgerecht bleiben also nicht viele Möglichkeiten.

In der Praxis gibt es vor allem folgende Varianten:

  1.  Einer der beiden Sorgeberechtigten stirbt. In diesem Fall geht das alleinige Sorgerecht automatisch auf den überlebenden Elternteil über.
  2.  Einer der beiden Sorgeberechtigten kann die elterliche Sorge faktisch nicht ausüben, weil sich das Elternteil zum Beispiel in der geschlossenen Psychiatrie befindet.
  3.  Einem der beiden Sorgeberechtigten wird das Sorgerecht durch ein Familiengericht entzogen.

Alleiniges Sorgerecht beantragen. Hier haben die Gerichte so entschieden:

In folgenden Konstellationen haben Familiengerichte das Sorgerecht auf ein Elternteil allein übertragen:

  •  Gesundheitsgefährdung: Die Verweigerung von notwendigen medizinischen Behandlungen für das Kind, dient nicht dem Kindeswohl. Es gibt eine Pflicht zur Gesundheitsfürsorge.
  • Missbrauch des Sorgerechts: Wenn das Recht der Erziehung des Kindes ausgenutzt wird, um das Kind zu rechtswidrigem Verhalten und strafbaren Handlungen zu bringen.
  • Schulpflicht: Wird ein minderjähriges Kind hartnäckig und über lange Zeit einfach nicht zur Schule geschickt, trotz Einschreiten der Ämter, dann droht durchaus der Sorgerechtsentzug.
  • Vernachlässigung: Mangelnde Aufsicht, ungenügende Pflege, Mangelernährung und ungenügende Bekleidung des Kindes zeugen von Vernachlässigung oder auch Überforderung oder beidem. Wenn sich Eltern nicht kümmern und das Kind auf sich allein gestellt ist, wird untersucht, inwieweit Hilfe geleistet werden kann oder aber, ob das Sorgerecht entzogen werden muss.
  • Erziehungsfehler: Auch bei schwerwiegenden Erziehungsfehlern kann das Sorgerecht entzogen werden. Ständige Tobsuchtsanfälle und Gewalt gehören hierzu und können zum Sorgerechtsentzug führen.
  • Vermögensgefährdung: Die Veruntreuung der Spareinlagen des Kindes stellt eine Gefährdung der finanziellen Interessen des Kindes dar. Zur elterlichen Sorge gehört auch die Vermögenssorge.
  • Misshandlung: Bei Kindesmisshandlung treten die Jugendämter sehr schnell auf den Plan. Hier wurde aus tragischen Fällen in der Vergangenheit gelernt. Bei körperlicher Misshandlung eines Kindes droht schnell der Sorgerechtsentzug. Die seelischen Misshandlungen der Kinder sind auch eine Körperverletzung, aber leider nicht so leicht nachvollzieh- und beweisbar. So ist das Hervorrufen eines Loyalitätskonfliktes bei einem Kind – es soll sich zwischen einem der beiden Elternteile entscheiden – eine seelische Verletzung des Kindes. Ob gewollt oder ungewollt, das Hervorrufen eines Loyalitätskonfliktes ist kindeswohlgefährdend.
  • Krankheiten: Drogensucht oder paranoide Psychosen eines Elternteils können zum Sorgerechtsentzug führen.
  • Umgangsboykott: Wenn ein Elternteil dem anderen Elternteil hartnäckig den Umgang mit dem gemeinsamen Kind verweigert oder den Umgang anderweitig untergräbt, muss damit rechnen, dass das Familiengericht dem anderen Elternteil die Sorge für das Kind zur alleinigen Ausübung überträgt.

Alleiniges Sorgerecht beantragen

Wichtig ist auch zu wissen, dass es nicht darauf ankommt, ob die Eltern ihre Erziehungspflichten schuldhaft vernachlässigt haben. Auch reines Unvermögen bei der Erziehung der Kinder, sei es aus Überforderung (mental, zeitlich, finanziell etc.) kann zum Sorgerechtsentzug führen. Auch wichtig ist, alle eben aufgezählten Fälle sind jeweils einzeln geprüfte Entscheidungen von Familiengerichten. Pauschalisierungen sind hier nicht möglich. Es geht schließlich um Kinder und ihre Eltern. Ein Sorgerechtsentzug für einen Elterteil muss die Ausnahme bleiben, kann aber zum Wohle des Kindes notwendig sein.

Grundsätzlich gehen die Familiengerichte von dem Leitbild der gemeinsamen/geteilten elterlichen Sorge aus. Kinder benötigen in der Regel für eine gute Entwicklung beide Elternteile. Daher ist der Antrag auf Übertragung des Sorgerechts allein auf ein Elternteil eine schwierige und für das Kind auch schwerwiegende Entscheidung. Die Entscheidung, ob ein Elternteil alleiniges Sorgerecht übertragen bekommt, liegt im Ermessen des Familiengerichts.

Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge auf nur ein Elternteil

So sagt es der § 1671 BGB:

“…dem Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts ist stattzugeben, wenn der andere Elternteil zustimmt.”

In der Praxis ist der Fall einer außergerichtlichen Einigung über das Sorgerecht wohl eher selten.

Bei Kindern, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, sieht der Fall wieder nochmal anders aus!

Der § 1671 BGB sagt auch:

“…dem
Antrag ist stattzugeben, wenn die Übertragung der Sorge auf den
Antragsteller allein, dem Wohl des Kindes am besten entspricht.”

Das Gesetz klingt eindeutig, aber wer weiß, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht?

  • Das Familiengericht?
  • Das Elternteil, welches die Übertragung des Sorgerechts beantragt?
  • Das Jugendamt?
  • Der Verfahrensbeistand des Kindes?
  • Das Kind selbst?
  • Der Gutachter?

Ob geteiltes Sorgerecht oder gemeinsames Sorgerecht oder alleiniges Sorgerecht.

Am Ende eines solchen Prozesses muss das angerufene Familiengericht entscheiden, ob es einen Teil des Sorgerechts oder sogar das alleinige Sorgerecht auf ein Elternteil überträgt.

 

Aber bevor es darüber entscheidet, muss es zu einer umfangreichen Prüfung kommen.

In ein solches Verfahren sollte sich kein Elternteil ohne rechtlichen Beistand begeben. Es ist einfach zuvielschichtig und auch kompliziert.

Klar, der Gesetzgeber und auch dieGerichte gehen grundsätzlich davon aus, dass das Sorgerecht für ein Kind bei beiden Elternteilen liegt.

Es gibt aber auch Situationen bei getrenntlebenden Eltern, da ist ein Antrag gemäß § 1671 BGB im Sinne des Kindes angezeigt und notwendig.

Den § 1671 BGB können Sie hier nachlesen.

Gerne helfen wir Ihnen.

Rechtsanwalt Karsten Reichelt

Borkheide I Berlin I Pretschen

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